Kirchengemeinde Ahaus

Mutig nach neuen Wegen suchen

Weihnachtsbotschaft von Superintendent Joachim Anicker in einem besonderen Jahr

Wenn wir in wenigen Tagen die Geburt Jesu Christi feiern, wird vieles anders sein, als wir es gewohnt waren. Noch vor wenigen Tagen trafen wir in den evangelischen Gemeinden Vorbereitungen, das Weihnachtsfest mit Gottesdiensten in den Kirchen oder unter freiem Himmel feiern zu können. Doch nun haben wir auf Empfehlung der Westfälischen Landeskirche gemeinsam entschieden, aufgrund der sehr dynamischen Entwicklung der Infektionslage auf Versammlungen jeglicher Art zu verzichten.

Alles hat seine Zeit. Es ist jetzt nicht die Zeit, unbeschwert mit vielen zusammenzukommen. Jetzt ist die Zeit, solidarisch einen Beitrag zum Schutz von Menschenleben zu leisten. Auch wenn der Verzicht auf stimmungsvolle Gottesdienste jeden Christen schmerzen wird. Vor allem die zahlreichen Haupt- und Ehrenamtlichen, die viel Zeit und Mühe in die Vorbereitungen sicherer Weihnachtsgottesdienste investiert haben, sind traurig und enttäuscht. Weihnachten ohne Gottesdienst war bisher nicht vorstellbar.

Und doch fällt Weihnachten in diesem Jahr nicht aus! Auch die Geburt Jesu, die wir Weihnachten feiern, verlief für die Eltern Maria und Josef nicht nach Plan: sie fanden notdürftig Asyl unter widrigen Umständen in einem Stall. Was wir heute als Krippen-Idylle feiern, war damals mit elterlichen Gefühlen von Angst, Sorge und tiefer Verunsicherung verbunden: eine Notlösung.

Vielleicht berührt uns die Botschaft von Weihnachten in diesem Jahr in besonderer Weise, weil uns die Verletzlichkeit unseres Lebens sehr deutlich vor Augen steht und weil mehr Raum bleibt, uns auf den Sinn des Festes zu besinnen. Eine solche Unterbrechung unserer gewohnten Abläufe kann auch eine Chance werden, wenn wir sie annehmen.

Auch für uns als Kirche: Vielleicht lernen wir jetzt noch besser, herauszugehen und andere, neue Wege zu den Menschen zu suchen. Fast alle Gemeinden sind auf diesem Wege kreativ geworden. Die Angebote reichen von Online-Gottesdiensten über persönliche Briefe und Telefonanrufe bei älteren Menschen bis zum Kontakt an der Haustür.

An diesem Weihnachtsfest werden wir in unseren Weihnachtszimmern manche unserer Lieben schmerzlich vermissen. Aber Vernunft und Einsicht verbieten große Familienfeiern. Für viele Menschen ist die Zeit besonders schwer: Seniorinnen und Senioren nicht nur in Pflegeheimen müssen auf die Besuche Ihrer Kinder und Enkel verzichten; Trauernde vermissen schmerzlich geliebte Angehörige; Menschen bangen um ihren Arbeitsplatz und vermissen im Dauer-Homeoffice Kontakte zu Kollegen; Kinder, Jugendliche und Studierende sitzen viel zu viel allein vor Monitoren ohne ein ausgleichendes Hobby. Früher haben wir uns zu Weihnachten oft nach Ruhe und Frieden gesehnt, in diesem Jahr spüren wir die Sehnsucht nach einem unbeschwerten Leben in Gemeinschaft.

Allein sind wir in diesen Tagen dennoch nicht. Möge der Glaube an Gott uns durch diese schwierigen Zeiten geleiten und uns Kraft geben, durchzuhalten. Nicht zuletzt möge er uns ermutigen, andere Formen von Nähe zu entwickeln und bei allem die Zuversicht nicht zu verlieren. Die Botschaft von Weihnachten heißt: Gott ist da, ganz nah, ganz menschlich. Auch für dich.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes, gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr.

Ihr Joachim Anicker Superintendent