Kirchengemeinde Ahaus

Und sie fanden keinen sicheren Hafen

Presbyterium enttäuscht über Antragsablehnung im Rat

Foto: der gemeindebrief

Vor einem Jahr stößt ein Boot mit 24 Flüchtlingen an die Klippen der griechischen Insel Samos. Unter ihnen ein afghanischer Vater mit seinem 6-jährigen Sohn. Das Kind stirbt dabei. Der Vater überlebt und sitzt im Gefängnis – ihm wird Kindeswohlgefährdung vorgeworfen. Ihm drohen bis zu 10 Jahre Haft.

In den Wäldern an der Grenze zwischen Bosnien und Kroatien versuchen Nacht für Nacht flüchtende Menschen in die EU zu kommen. Wenn es ihnen gelingt, werden sie oft rechtswidrig aus der EU herausgeschoben. Nicht selten werden ihnen dabei Schuhe und Handys abgenommen. In der nächsten Nacht versuchen sie es erneut. Einen, der das mehrfach erlebt hat - Ali – haben wir in unserer Gemeinde im Kirchenasyl kennengelernt.

Seit 2014 sind ungefähr 23.000 (!) Menschen auf ihrer Flucht im Mittelmeer ertrunken. In diesem Jahr waren es bis Mitte Oktober bereits über 1.500. Bundesregierung und die anderen EU-Länder schauen weg und kriminalisieren stattdessen Rettungsorganisationen und flüchtende Menschen. Einzelne Kommunen haben deshalb zeigen wollen, dass sie in ihrem Denken und Handeln weiter sind als die „höheren“ Ebenen und das kommunale Bündnis „Seebrücke - Städte Sicherer Häfen“ gegründet. Mitinitiator des Bündnisses ist die Evangelische Kirche in Deutschland, die auch die Seenotrettungsschiffe Sea-Watch 4 und Sea-Eye 4 unterstützt.

Zusammen mit den katholischen Nachbargemeinden St. Mariä Himmelfahrt in Ahaus und Alstätte-Ottenstein haben wir im August 2020 an den Rat einen Bürgerantrag gestellt, dass sich Ahaus diesem Bündnis anschließt. Erfreulicherweise haben im Frühjahr junge Menschen eine lokale Aktionsgruppe „Seebrücke Ahaus“ gegründet, die unseren Antrag durch vielfältige Aktivitäten unterstützt hat.

Der Antrag stellt nicht die gute, teilweise vorbildliche Arbeit für Flüchtlinge in Frage, wie wir sie in Ahaus erleben. Im Kern geht es um den Einsatz für sichere Fluchtwege, um Unterstützung der Seenotrettung, um geordnete Verfahren und Finanzierung. Parteien können sich gegenüber ihren Landes- und Bundesebenen für diese Ziele einzusetzen, eine Kommune innerhalb der Verbände, denen sie angehört. Im Einzelfall kann sie zusätzlich Aufnahmeplätze für gerettete Menschen anbieten.

Unser Bürgerantrag wurde von Ausschuss zu Ausschuss weitergereicht. Es wurde eine Arbeitsgruppe zum Thema eingerichtet, die von der Stadtverwaltung sehr gut vorbereitet und organisiert wurde. Letztlich wurde am 10. November von der Mehrheit des Rates unser Bürgerantrag abgelehnt, diesem Bündnis von mittlerweile mehr als 250 Kommunen beizutreten. Als christliche Gemeinde macht es uns besonders betroffen, dass bei dieser Ablehnung die Partei eine wesentliche Rolle gespielt hat, die sich christlich nennt.

"Und sie fanden keinen Raum in der Herberge.“ Dieser altbekannte Satz aus dem Lukasevangelium wird uns nun in der Advents- und Weihnachtszeit wieder begegnen. „Und sie fanden keinen sicheren Hafen.“ Diesen Satz wollen wir dabei nicht vergessen und uns weiterhin zusammen mit anderen für sichere Häfen einsetzen.

Klaus Gresförder für das Presbyterium

Nähere Informationen zum Thema Seebrücke/Sichere Häfen finden Sie unter www.seebruecke.org.