Kirchengemeinde Ahaus

Von Teheran zur Presbyterin in Legden

Farzaneh Mahmoudian hat einen langen Weg hinter sich. Nicht nur die 5000 Kilometer von Teheran nach Legden, sondern auch den vom Islam zum Christentum. Und jetzt zum Amt als Presbyterin.

Farzaneh Mahmoudian kommt aus dem Iran. Seit drei Jahren lebt sie mit Mann Reza und Sohn Adrian (3) in Legden. Hier in der kleinen münsterländischen Gemeinde ist ihre neue Heimat. Ihre christliche Heimat ist in der ev. Christusgemeinde Ahaus, zu der auch Legden gehört.

In der Legender Gnadenkirche soll sie am 27. Februar als neue Presbyterin eingeführt werden. Der Abschied von ihrer alten Heimat ist auch der von dem Glauben, mit dem sie aufgewachsen ist. Aufgewachsen ist sie im Iran, in einem Land der Unfreiheiten, in denen die Rechte der Frauen nicht mal auf dem Papier existieren.

Religion ist zuerst kein Thema

Zunächst aber ist Religion kein Thema für die Heranwachsende, der Islam die Tradition der Familie, die allerdings als Schiiten nicht die radikale Form des Islam lebte. Dass die Frauen Kopftücher tragen (müssen) ist für sie anfangs ganz normal. „Ich glaubte an den Islam, war es ja auch nicht anders gewöhnt“, sagt sie. Sie beginnt ein Studium, macht ihren Abschluss im „Ingenieurwesen Umwelt- und Naturressourcen“ und beginnt nach und nach zu grübeln und liest ganz viel. Auch in einer persischen Ausgabe der Bibel.

Heimliche Begegnungen mit dem Christentum

Durch private Kontakte bekommt sie Zugang zu evangelischen Christen und deren Glauben. Zeiten der Heimlichkeiten beginnen, über die sie nur ungern spricht. Bibelstunden hinter verschlossenen Türen, heimliche Treffen und die Angst vor Entdeckung als ständiger Begleiter: „Im Islam ist es streng verboten, die Religion zu wechseln, dafür drohen harte Strafen“ beschreibt sie diese Phase ihres Lebens.

Und nimmt doch all das in Kauf, um sich zu bekennen. Ihr zur Seite steht auch ihr Ehemann, der sich ebenfalls von der christlichen Religion angezogen fühlt. Gemeinsam beschließen sie, zu konvertieren, was zwangsläufig auch die Ausreise bedeutet. Mit einem Touristen-Visum kommen sie zuerst nach Frankreich und fühlen sich dort orientierungslos. Farzaneh Machmoudian: „Wir wussten ja gar nichts von Europa, sprachen die Sprache nicht.“

Da aber ihre zwei Schwestern in der Zeit in Deutschland wohnen, erscheint ihnen das einfach vertrauter. Die ersten Jahre sind schwierig, vor allem die enge Wohnsituation mit mehreren Familien unter einem Dach. Das wird anders, als sie - dann auch mit Söhnchen Adrian - eigene vier Wände beziehen.

Großes soziales Engagement

Das Ehepaar wird getauft. Beide sind inzwischen als Flüchtlinge anerkannt. Reza Mahmoudian, gelernter Automechaniker, findet einen Job in Coesfeld bei einem großen Entsorger.

Farzaneh würde gerne promovieren, sieht aber, dass das mit der Familie sehr schwer würde. Stattdessen beginnt sie ein Fernstudium, bei dem sie schon im kommenden Semester ihren Abschluss als „Klimamanagerin“ machen wird. Ganz nebenbei belegt sie Deutschkurse an der Uni Münster und spricht inzwischen sehr gut Deutsch. Täglich betet sie, und auch der Sohn wird christlich erzogen.

In der Gemeinde ist sie nicht nur in den rein kirchlichen Bereichen aktiv, besucht regelmäßig die Gottesdienste, die allerdings wegen Corona zurzeit nur einmal im Monat stattfinden, sondern engagiert sich sozial. Ehrenamtlich kümmert sie sich um Flüchtlinge, hilft bei Gängen zu Ämtern oder Ärzten. Ihr Impuls: „Ich halte das für meine moralische Pflicht und möchte auch helfen, dass sich die Lebensqualität von anderen Menschen verbessert.“

Gleichzeitig hofft sie, dass sie auch einen Beitrag für eine lebendige Gemeinde leisten kann. Daher sieht sie auch das als ihren Auftrag: „Ich möchte zeigen, dass es trotz aller Kritik auch die guten Seiten von Kirche gibt.“ Das hat sie sich auch in ihrem neuen Amt als Presbyterin vorgenommen. Als sie gefragt worden sei, habe sie das „mit ganzem Herzen angenommen“.

Dennoch bleibt die Angst, dass ihre Entscheidung Konsequenzen für die Familie im Iran haben könnte. Und geblieben ist auch die „Sehnsucht“.

Christiane Hildebrand-Stubbe, Münsterland Zeitung